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12 behaupten habe, und die Ethik der Stoiker (ihre einzige Wissenschaft, da sie nichts von dem Geiste auszusagen wußten, als wie er sich zur Welt verhalten solle, und von der Natur [Physik] nur dies, daß der Weise sich gegen sie zu behaupten habe) ist nicht eine Lehre des Geistes, sondern nur eine Lehre der Weltabstoßung und Selbstbehauptung gegen die Welt. Und diese besteht in derunerschütterlichkeit und dem Gleichmute des Lebens, also in der ausdrücklichsten Römertugend. Weiter als zu dieser Lebensweisheit brachten es auch die Römer nicht (Horaz, Cicero usw.). Das Wohlergehen (Hedone) der Epikureer ist dieselbe Lebensweisheit wie die der Stoiker, nur listiger, betrügerischer. Sie lehren nur ein anderes Verhalten gegen die Welt, ermahnen nur eine kluge Haltung gegen die Welt sich zu geben: die Welt muß betrogen werden, denn sie ist meine Feindin. Vollständig wird der Bruch mit der Welt von den Skeptikern vollführt. Meine ganze Beziehung zur Welt istwert- und wahrheitslos. Timon sagt:die Empfindungen und Gedanken, welche wir aus der Welt schöpfen, enthalten keine Wahrheit.Was ist Wahrheit!ruft Pilatus aus. Die Welt ist nach Pyrrhon's Lehre weder gut noch schlecht, weder schön noch häßlich usw., sondern dies sind Prädikate, welche Ich ihr gebe. Timon sagt:an sich sei weder etwas gut noch sei es schlecht, sondern der Mensch denke sich's nur so oder so; der Welt gegenüber bleibe nur die Ataraxie (die Ungerührtheit) und Aphasie (das Verstummen - oder mit andern Worten: die isolierte Innerlichkeit) übrig. In der Welt seikeine Wahrheit mehr zu erkennen, die Dinge widersprechen sich, die Gedanken über die Dinge seien unterschiedslos (gut und schlecht seien einerlei, so daß, was der Eine gut nennt, ein Anderer schlecht findet); da sei es mit der Erkenntnis derwahrheitaus, und nur der er- kenntnislose Mensch, der Mensch, welcher an der Welt nichts zu erkennen findet, bleibe übrig, und dieser Mensch lasse die wahrheitsleere Welt eben stehen und mache sich nichts aus ihr. So wird das Altertum mit der Welt der Dinge, der Weltordnung, dem Weltganzen fertig; zur Weltordnung oder den Dingen dieser Welt gehört aber nicht etwa nur die Natur, sondern alle Verhältnisse, in welche der Mensch durch die Natur sich gestellt sieht, z. B. die Familie, das Gemeinwesen, kurz die sogenanntennatürlichen Bande. Mit der Welt des Geistes beginnt dann das Christentum. Der Mensch, welcher der Welt noch gewappnet gegenüber steht, ist der Alte, der - Heide (wozu auch der Jude als Nichtchrist gehört); der Mensch, welchen nichts mehr leitet als seineherzenslust, seine Teilnahme, Mitgefühl, sein - Geist, ist der Neue, der - Christ. Da die Alten auf die Weltüberwindung hinarbeiteten und den Menschen von den schweren umstrickenden Banden des Zusammenhanges mit Anderem zu erlösen strebten, so kamen sie auch zuletzt zur Auflösung des Staates und Bevorzugung alles Privaten. Gemeinwesen, Familie usw. sind ja als natürliche Verhältnisse lästige Hemmungen, die meine geistige Freiheit schmälern. 2. Die NeuenIst jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden.wurde oben gesagt:den Alten war die Welt eine Wahrheit, so müssen Wir hier sagen:den Neuen war der Geist eine Wahrheit, dürfen aber, wie dort, so hier den Zusatz nicht auslassen: eine Wahrheit, hinter deren Unwahrheit sie zu kommen suchten und endlich wirklich kommen. Ein ähnlicher Gang, wie das Altertum ihn genommen, läßt sich auch am Christentum nachweisen, indem bis in die die 12




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16 Herrschaft übt, den schilt man einen Egoisten gegen die Idee der Freiheit usw. Darum verachtest Du den Egoisten, weil er das Geistige gegen das Persönliche zurücksetzt, und für sich besorgt ist, wo Du ihn einer Idee zu Liebe handeln sehen möchtest. Ihr unterscheidet Euch darin, daß Du den Geist, er aber Sich zum Mittelpunkte macht, oder daß Du Dein Ich entzweist und Deineigentliches Ich, den Geist, zum Gebieter des wertloseren Restes erhebst, während er von dieser Entzweiung nichts wissen will, und geistige und materielle Interessen eben nach seiner Lust verfolgt. Du meinst zwar nur auf diejenigen loszuziehen, welche gar kein geistiges Interesse fassen, in der Tat aber fluchst Du auf alle, welche das geistige Interesse nicht für ihrwahres und höchstesansehen. Du treibst den Ritterdienst für dieses Schöne so weit, daß Du behauptest, sie sei die einzige Schönheit der Welt. Du lebst nicht Dir, sondern Deinem Geiste und dem, was des Geistes ist, d. h. Ideen. Da der Geist nur ist, indem er Geistiges schafft, so sehen Wir Uns nach seiner ersten Schöpfung um. Hat er diese erst vollbracht, so folgt fortan eine natürliche Fortpflanzung von Schöpfungen, wie nach der Mythe nur die ersten Menschen geschaffen zu werden brauchten, das übrige Geschlecht sich von selbst fortpflanzte. Die erste Schöpfung hingegen mußaus dem Nichtshervorgehen, d. h. der Geist hat zu ihrer Verwirklichung nichts als sich selber, oder vielmehr, er hat sich noch nicht einmal, sondern muß sich erschaffen: seine erste Schöpfung ist daher er selber, der Geist. So my- stisch dies auch klinge, so erleben Wir's doch als eine alltägliche Erfahrung. Bist Du eher ein Denkender, als Du denkst? Indem Du den ersten Gedanken erschaffst, erschaffst Du Dich, den Denkenden; denn Du denkst nicht, bevor Du einen Gedanken denkst, d. h. hast. Macht Dich nicht erst Dein Singen zum Sänger, Dein Sprechen zum sprechenden Menschen? Nun so macht Dich auch das Hervorbringen von Geistigem erst zum Geiste. Wie Du indes vom Denker, Sänger und Sprecher Dich unterscheidest, so unterscheidest Du Dich nicht minder vom Geiste und fühlst sehr wohl, daß Du noch etwas anderes als Geist bist. Allein wie dem denkenden Ich im Enthusiasmus des Denkens leicht Hören und Sehen vergeht, so hat auch Dich der Geist-Enthusiasmus ergriffen, und Du sehnst Dich nun mit aller Gewalt, ganz Geist zu werden und im Geiste aufzugehen. Der Geist ist Dein Ideal, das Unerreichte, das Jenseitige: Geist heißt Dein - Gott,Gott ist Geist. Gegen alles, was nicht Geist ist, bist Du ein Eiferer, und darum eiferst Du gegen Dich selbst, der Du einen Rest von Nichtgeistigem nicht los wirst. Statt zu sagen:ich bin mehr als Geist,sagst Du mit Zerknirschung:Ich bin weniger als Geist, und Geist, reinen Geist, oder den Geist, der nichts als Geist, den kann Ich Mir nur denken, bin es aber nicht, und da Ich's nicht bin, so ist's ein Anderer, existiert als ein Anderer, den Ich Gottnenne." Es liegt in der Natur der Sache, daß der Geist, der als reiner Geist existieren soll, ein jenseitiger sein muß, denn da Ich's nicht bin, so kann er nur außer Mir sein, da ein Mensch überhaupt nicht völlig in dem BegriffeGeistaufgeht, so kann der reine Geist, der Geist als solcher, nur außerhalb der Menschen sein, nur jenseits der Menschenwelt, nicht irdisch, sondern himmlisch. Nur aus diesem Zwiespalt, in welchem Ich und der Geist liegen, nur weil Ich und Geist nicht Namen für ein und dasselbe, sondern verschiedene Namen für völlig Verschiedenes sind, nur weil Ich nicht Geist und Geist nicht Ich ist: nur daraus erklärt sich ganz tautologisch die Notwendigkeit, daß der Geist im Jenseits haust, d. h. Gott ist. Daraus geht aber auch hervor, wie durchaus theologisch, d. h. gottesgelahrt, die Befreiung ist, welche Feuerbach Uns zu geben sich bemüht. Er sagt nämlich, Wir hätten Unser eigenes Wesen nur verkannt und darum es im Jenseits gesucht, jetzt aber, da Wir einsähen, daß Gott nur Unser menschliches Wesen sei, müßten Wir es wieder als das Unsere anerkennen und aus dem Jenseits in das Diesseits zurückversetzen. Den Gott, der Geist ist, nennt FeuerbachUnser 16


Vorwort Diese Neuausgabe deseinzigen und sein Eigentumunterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von früheren und aktuellen Editionen: Da sie sich auch an den philosophisch interessierten Laien richtet, 2ff7e9595c


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